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Der Stress mit der Leidenschaft

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„Folge deinem Herzen“, „Finde deine Leidenschaft“, „Entdecke das Feuer in dir“.

All das sind Aussagen, die uns immer wieder begegnen. Gerade im socia-media-Bereich werden wir immer wieder dazu aufgefordert, das Beste aus unserem Leben zu machen, indem wir es immer mehr >>von innen nach außen<< gestalten.

Wow, dem eigenen Herzen folgen und das Leben kreieren, was wir uns sehnlichst wünschen. Unsere Leidenschaft finden, unsere Berufung zum Beruf machen. Es ist möglich. Heute. Zu unserer Zeit. Ist es nicht ein riesengroßes Geschenk, das die aktuelle Zeit für uns bereit hält? Wir haben alle Möglichkeiten. Wir können uns vernetzen und verbinden, wie noch niemals zuvor. Wir können uns mit Gleichgesinnten zusammen tun, die am anderen Ende der Welt leben. Und wenn wir erstmal unsere Leidenschaft, unsere Berufung und unseren persönlichen Sinn des Lebens gefunden haben, dann können wir ganz leicht anderen Menschen davon erzählen. Die Welt steht uns offen und es ist schon fast ein Privileg, dass wir überhaupt den Kopf dafür frei haben, uns so dermaßen um unser Lebensglück zu kümmern; ganz im Gegensatz zu unseren Eltern oder Großeltern, die noch ein ganz anderes Leben kennen. Ein Leben, das so viel weniger frei war. 

 

Die Kehrseite?

So viele Freiheiten, so viele Möglichkeiten, ziehen uns manchmal aber auch den Boden unter den Füßen weg. Wie ist eigentlich ein Leben, das so viel für uns bereit hält? So viel, dass wir mitunter manchmal gar nicht erkennen können, was von all dem eigentlich zu uns selbst gehört? Wie ist ein Leben, in dem wir wählen können? Wählen, wie wir leben, wie wir arbeiten, wie wir lieben wollen? Und, wie ist eigentlich ein Leben, in dem wir frei sind, unsere Leidenschaft zu leben und unserem Herzen zu folgen? 

Diese neue Freiheit, die wir erleben, ist zwar auf der einen Seite etwas ganz wunderbar Wertvolles.  Auf der anderen Seite jedoch breitet sich immer mehr Überforderung und auch Druck in den Herzen der Menschen aus. „Was ist denn eigentlich meine Leidenschaft? Was mache ich von Herzen gerne? Was ist meine Berufung und was sagt mein Herz überhaupt, wo es langgehen will?“ 

Was ist, wenn wir auf all diese Fragen noch keine Antworten finden?

Wir scheinen umgeben von Menschen zu sein, die ihre Antworten schon gefunden haben. Sie wissen, wie es geht. Sie kreieren bereits ihr bestes Leben und haben schon entdeckt, was sie wirklich erfüllt. Und wir? Was ist mit uns? Was ist mit denen, die mitten in einer Welt der Chancen und Möglichkeiten stehen und dabei das Gefühl haben, sich selbst zu verlieren? Und da wir gerade schon beim Thema >>verlieren<< sind; wer sind denn die Gewinner? Und wer die Verlierer? 

 

Atmen und hinterfragen 

Ok, jetzt erstmal ganz tief durchatmen. Denn eigentlich sprechen wir hier über eine Sache, die einfach genial ist. Denn wir leben in einer Zeit, in der wir uns entfalten und unsere ureigene Farbe in die Welt fließen lassen dürfen. Die Möglichkeit ist da, ja. Wenn diese Möglichkeit jedoch Stress oder Druck erzeugt, liegt es nicht an den Möglichkeiten, sondern daran, wie wir über sie denken.

Wenn uns die vielen offenen Wege, die vor uns liegen, überfordern, dann dürfen wir zunächst einmal unseren Fokus verschieben, und zwar von außen nach innen. Wenn wir ständig schauen, was die Anderen so machen und wenn wir beginnen, uns zu vergleichen (und dabei „natürlich“ schlechter abscheiden), dann sind wir mit unserer Aufmerksamkeit im Außen und verlieren die Verbindung zu uns selbst. Wenn wir immer beobachten, wer bereits alles seiner Leidenschaft folgt und wer vielleicht sogar aus der Berufung schon einen Beruf gemacht hat, dann sind wir wieder im Außen unterwegs, anstatt uns um unser eigenes Leben zu kümmern. Wenn wir unseren Blick zu sehr auf die Anderen richten (wer sind die Anderen überhaupt? Und wie Viele sind es?), dann vergessen wir dabei, wirklich mal unser eigenes Herz zu fragen, was es überhaupt möchte. 

Anstatt sich ständig an anderen zu orientieren und deren Erfolg oder deren Leben zu beobachten, sollten wir uns selbst mal wichtige Fragen stellen. Die erste Frage lautet:

„Bin ich überhaupt unzufrieden mit meinem Leben? Oder wäre eigentlich alles ok, wenn nicht gefühlt alle Menschen um mich herum es anders und vor allem besser machen? Entspringt der Wunsch der Veränderung wirklich meinem Herzen, oder wird es mir von außen aufdiktiert?“

Wer sagt, dass mit deinem Leben etwas nicht in Ordnung ist und du „dein ganzes Potenzial leben solltest“?
Und wenn es jemand sagt, ist das auch dein Empfinden?

Bei all den Möglichkeiten, die das Leben uns bietet, ist es auch erlaubt, alles beim Alten zu belassen, wenn wir das möchten.

  • Wie ist das in deinem Leben?
  • Hast du Lust auf Veränderung?
  • Möchtest du noch etwas mehr aus deinem Leben heraus kitzeln?
  • Oder ist eigentlich alles ok, so wie es ist?

Wenn du zu der Einsicht kommst, dass du persönlich eigentlich ganz zufrieden bist, du aber aufgrund der ständigen Aufforderung, das Feuer in dir zu entdecken, das Gefühl hast, dass du weniger leistest, weniger aus deinem Leben machst, weniger „Gas gibst“, dann lass dir gesagt sein:

Du bist so, wie du bist, absolut richtig und wertvoll; völlig unabhängig davon, ob du deine Berufung lebst, deine Leidenschaft entdeckst oder deinem Herzensweg folgst. Das, was dich so besonders macht, sind deine Gedanken, deine Worte und das, was du in anderen Menschen auslöst, wenn sie mit dir zusammen treffen. Es ist deine Energie, die etwas bewegt. Und das tust du bereits durch deine bloße Anwesenheit, durch deine Präsenz, durch die Liebe, die aus deinem Herzen in die Welt fließt. Du kannst dich also absolut entspannen, brauchst gar nichts tun und kannst alles so lassen, wie es bereits ist. Wenn du es möchtest.

Das ist doch ein total entspannender Gedanken, oder? Du bist wertvoll. Schon jetzt. Egal, ob du etwas veränderst. ATMEN. Im Hier und Jetzt ankommen. Den Moment einatmen und fühlen. Sämtliche Stressgefühle dürfen deinen Körper verlassen. Es ist alles gut, wie es jetzt gerade ist. 

 

Aus der Entspannung heraus, wenn du möchtest!

Wie fühlt sich das an? Ist das nicht eine wunderbare Basis? Ein Fundament, auf dem man etwas Neues aufbauen kann, falls man es denn möchte? Die Erkenntnis, dass zunächst alles so sein darf, wie es ist, hilft uns dabei, bei uns selbst anzukommen. Vielleicht hast du es beim Lesen schon gemerkt. Das Gefühl hat sich verändert. Der innere Druck entweicht. Man hat wieder das Gefühl, ganz da zu sein; in sich selbst, zentriert und mittig im eigenen Leben. 

Dieses Gefühl ist ein wunderbares Fundament, auf dem das eigene Leben gegründet werden kann. Darauf können wir bauen. Und nun können wir ganz frei entscheiden, was wir bauen möchten; losgelöst von den Erwartungen Anderer und unabhängig davon, wie Andere ihr Leben gestalten. 

Wenn wir in die Entspannung gefunden haben, fällt es uns viel leichter, wirklich heraus zu finden, was wir uns wünschen, was unsere Leidenschaft ist und wofür unser Herz eigentlich schlägt, und zwar, indem wir wirklich in unser Inneres schauen, anstatt mit unserer Aufmerksamkeit im Außen zu sein (wo wir ohnehin nicht >>unseres<< finden).

 

Manchmal ist es besser, erstmal “nichts zu wissen”, sondern einfach dem inneren Impuls zu folgen 

Als ich damals die Entscheidung getroffen habe, meinen Nähshop an den Nagel zu hängen und meiner Schreibleidenschaft nachzugehen, waren absolut keine äußeren Reize da. Ich wusste noch rein gar nicht von Blogs und hatte absolut keine Ahnung, was ich da eigentlich tat. Ich verdiente mit meinem Nähshop schon gutes Geld, aber in mir keimte nach und nach immer stärker das Gefühl auf, dass das nicht mein Weg. Ich wollte mit meinem Nähshop eigentlich auf die nächste Stufe, spürte aber, dass ich nicht bereit war, etwas dafür zu tun. Mir fehlte die Energie und die innere Motivation, wirklich aktiv zu werden. Stattdessen war irgendwie nur der Wunsch da, all mein Wissen, meine Erfahrungen und das, was mich bewegte, in Artikeln zu verfassen. Ich wollte schreiben, den Menschen etwas geben und diesem inneren Gefühl folgen. Sonst war da nichts. Nur Ich und dieses Gefühl. Dieses Kribbeln im Bauch. Diese freudige innere Erregung, wenn ich darüber nachdachte. Und ich tat es einfach. Ich verkaufte meine Nähsachen, erstellte mir eine Webseite und begann mit dem Bloggen, indem ich mehrmals wöchentlich neue Artikel schrieb. 

Ich lebte meine inneren Impulse nach außen. Das, was ich in mir wahrnahm, setzte ich um und kreierte einen neuen Weg. Das war leicht, einfach und erfüllte mich zutiefst mit Freude. 

Dann aber begab ich mich immer mehr in die Welt der social-media. Facebook, Twitter, Blogs etc. Ich erkannte, was ich augenscheinlich alles noch nicht wusste. Jeder wusste anscheinend, wie man die Leidenschaft zum Beruf macht und ich wurde überhäuft mit Strategien, Plänen und to do’s. Es gab unzählige Dinge, auf die es zu achten galt und ich „musste“ viel lernen.
Von außen prasselte es auf mich ein. In meinem Kopf fuhren die Gedanken Achterbahn und auf einmal hatte ich das Gefühl, alles falsch zu machen. Und genau das war der Moment, an dem ich mir zu sehr von anderen Menschen zeigen ließ, wie es zu funktionieren hatte. Ich war zu sehr im außen, schaute, was Andere machen, wie sie es machen und ich fühlte mich unbeholfen und wie ein Fähnchen im Wind. Heute so, morgen so. Irgendwann wusste ich gar nichts mehr. Überforderung. Stress. Druck. Wo war meine Leidenschaft geblieben? Wo war die Freude hin? Ich fühle mich nur noch leer und ausgetrocknet. Das jedoch war eine sehr wichtige Lernerfahrung für mich, denn ich habe mit der Zeit begriffen, dass es für mich nur meinen eigenen Weg gibt. So gewann ich nach und nach das Vertrauen, nach innen zu lauschen, wenn ich etwas verändern möchte.

Was sollen mir anderen Menschen über mein Leben erzählen, über meine Leidenschaft, über meinen Weg? 

Letztendlich sind unsere Wege so individuell und einzigartig wie wir selbst. 

 

Es ist DEIN wundervolles Leben 

Deswegen dürfen wir es genießen und auskosten, dass es heute möglich ist, unseren eigenen Weg auch wirklich auszurollen und uns zu entfalten. Wenn dich die vielen Möglichkeiten und Chancen stressen, dann überprüfe deine Gedanken dazu. Du musst nicht, du darfst. Wenn du willst. In deinem Tempo. Deinem Herzen entsprechend. Es ist dein Weg. Dein ganz ureigener persönlicher Weg. Genieße ihn. 

Deine Sabine 

 

Bildquelle: Pixabay von der wundervollen Künstlerin Jill Wellington (CC0 Creative Commons, freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis nötig)